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Dienstag, 29. April 2008

Stalking und häusliche Gewalt

Aus der Stalking-Studie ging hervor, dass bei vielen Opfern, die vom Ex-Partner gestalkt wurden, häusliche Gewalt in der Beziehung vorhanden war. Es scheint also einen Zusammenhang zu geben zwischen diesen beiden Straftatbeständen.

Ein Täter, der eine Frau eher als Besitz als als Partnerin ansieht und diese Besitzansprüche mit Gewalt während und nach der Beziehung untermauert, scheint auch eher eine Stalkerpersönlichkeit zu sein.

Frauen, die sich von einem gewalttätigen Mann trennen, haben ein größeres Risiko, auch Opfer von Stalking zu werden. Deshalb sollten sich Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, Hilfe von außen holen, um den Trennungsprozess von fachkundigen Helfern begleiten zu lassen.


Häusliche Gewalt

Häusliche Gewalt bezeichnet Gewalttaten zwischen Menschen, die in einem Haushalt zusammen leben. Unter den Oberbegriff der häuslichen Gewalt fallen deshalb nicht nur Gewalt in Paarbeziehungen (vor, während und nach einer Trennung), sondern auch Gewalt gegen Kinder, Gewalt von Kindern gegenüber ihren Eltern, Gewalt zwischen Geschwistern und Gewalt gegen im Haushalt lebende ältere Menschen.

Je nach Ausprägung äußert sich häusliche Gewalt nicht nur in körperlichen Übergriffen, sondern auch in subtileren Gewaltformen. In der soziologischen und sozialpsychologischen Forschung wird unterschieden zwischen

körperlicher Gewalt (Schlagen, Stoßen, Schütteln, Beißen, Würgen, mit Gegenständen werfen, andere tätliche Angriffe usw.),

sexueller Gewalt (Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Zwang zur Prostitution usw.),

psychischer Gewalt (Drohungen, Nötigung, Nachstellen, Freiheitsberaubung, aber auch weniger bedrohliche Gewaltformen wie Beschimpfung, Bevormundung, Demütigung, Einschüchterung, emotionale Manipulation, Verbote, Kontrolle und Bespitzelung von Sozialkontakten usw.) und

ökonomischer Gewalt (Verbot oder Zwang zur Arbeit, kein Zugang zum gemeinsamen Konto, Beschlagnahme des Lohns usw.).


Täter und Opfer

Untersuchungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigen einen signifikanten Männerüberhang bei den Tätern sowie einen signifikanten Frauenüberhang bei den Opfern.

Männer, die Opfer von häuslicher Gewalt werden, haben es deutlich schwerer, in der Öffentlichkeit oder bei der Polizei als Opfer anerkannt und ernst genommen zu werden. Außerdem sind die Hilfsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt; es gibt z.B. in fast jeder Stadt Frauenhäuser, aber kaum Männerhäuser.

Bei den Schilderungen hier wird deshalb auch von den Tätern in der männlichen Form und bei den Opfern in der weiblichen Form gesprochen, da es statistisch gesehen die häufigere Konstellation ist.

Gibt es Kinder in der Familie, so sind diese automatisch mit Opfer von häuslicher Gewalt, auch wenn diese nicht geschlagen werden.

Kinder, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, tragen ein erhöhtes Risiko, als Erwachsene Täter oder Opfer von häuslicher Gewalt zu werden.

Diese Erfahrungen der Kinder sind eher traumatisierend und langanhaltend. Werden Kinder Opfer von Kindesmißhandlung, Vernachlässigung oder sexuellem Mißbrauch über einen längeren Zeitraum hinweg, so sind diese zu einem sehr hohen Prozentsatz auch als Erwachsene psychisch gestört bzw. weisen eine posttraumatische Belastungsstörung auf.


Auswirkungen


Die Auswirkungen häuslicher Gewalt sind erheblich und erstrecken sich teilweise über Generationen. Fragt man Frauen von häuslicher Gewalt nach entsprechenden Erfahrungen aus der Kindheit, so ergeben sich erschreckende Parallelen. Die Opferbereitschaft der Mutter wurde von dem Kind erlernt und setzt sich als Erwachsene fort. Ebenso sieht es mit der Gewaltbereitschaft der Söhne aus.

Es ist ein großer Irrtum der Frauen, dass ihre Kinder alle Chancen haben. Erleben die Kinder, dass Väter mit Gewalt weiterkommen und dass Frauen sich nicht wehren können, so werden sie als Erwachsene auf erlernte Verhaltensweisen zurückkommen. Zumindest besteht dafür eine erhöhte Wahrscheinlichkeit.



Zitate von Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden:

"Aber er hat doch nie den Kindern etwas angetan!"

Zitat einer Frau, die nach einer Attacke mit einem Heizungsrohr auf ihrem Kopf im Krankenhaus genäht werden musste und anschließend ins Frauenhaus kam.



"Er ist stärker als ich, ich werde nie gegen ihn ankommen."

Zitat einer Frau, die bereits das 3. Mal ins Frauenhaus flüchtete nach häuslicher Gewalt. Der Mann hatte alle ihre Papiere unter Verschluss und diese Tatsache verunsicherte sie so sehr, dass sie bereits nach 2 Tagen wieder zu ihm zurückkehrte.



"...aber ich habe es doch versprochen: in guten wie in schlechten Zeiten...!

Zitat einer Frau, die nach häuslicher Gewalt zwei Wochen im Krankenhaus war. Sie sah schrecklich zugerichtet aus. Der Mann wurde per Gewaltschutzgesetz aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen und täuschte einen Selbstmordversuch vor. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus hat die Frau erst einmal Sachen für den Mann gepackt und ihm in die Klinik gebracht.



Diese Zitate zeigen, dass die Problematik viel tiefer liegt. Es ist für die Opfer nicht einfach, sich von dem Täter zu trennen, weil eine emotionale, psychische oder wirtschaftliche Abhängigkeit vorliegt. Oft trauen sich die Frauen ein Leben ohne ihren Peiniger gar nicht mehr zu.

Erschreckend viele Frauen, die in eine Frauenhaus flüchten, kehren innerhalb eines halben Jahres wieder zu ihrem Partner zurück.


Der Beginn der Beziehung

Viele Frauen berichten, dass der Täter zu Beginn der Beziehung außerordentlich charmant und aufmerksam war. Er las ihr jeden Wunsch von den Augen ab und wollte auch immer bei ihr sein. Er war auch schnell mit Heiratsanträgen oder dem Vorschlag, eine gemeinsame Wohnung zu beziehen, dabei. Alles mit dem Ziel, möglichst viel Kontrolle über sein Opfer zu erlangen und das Opfer von anderen sozialen Kontakten zu isolieren.

Oft berichten Frauen von einer sog. "Sektenführermentalität", die Fähigkeit des Täters, andere Menschen zu beeinflussen und für sich einzunehmen, sie mit gehirnwäscheartigen Methoden gefügig zu machen und gefügig zu halten.


Denkfallen

Typische Denkfallen von Opfern von häuslicher Gewalt:



"Es ist meine Schuld. Ich habe ihn provoziert."

Diese Sätze höre ich sehr oft. Das Opfer fühlt sich schuldig an der Situation und möchte die Beziehung nicht beenden. Ich frage dann immer, wie die Frau denn den Mann provoziert hat. Es gibt eben doch einen Unterschied zwischen Worten und körperlicher Gewalt.



"Er hat mich gar nicht richtig geschlagen. Er hat mich ja nur auf ...(beliebiges Körperteil).... geschlagen."

Gewalt ist Gewalt. Es ist vollkommen egal, ob Sie von oben, von unten, von der Seite, ob sie leicht oder hart geschlagen wurden. Schläge sind Gewalt und somit liegt hier häusliche Gewalt vor.



"Ich werde ihn verlassen. Ich warte nur noch, bis..."

Das ist auch eine typische Denkfalle und Verschieberitis. Im Prinzip weiß das Opfer, dass es so nicht weitergeht, aber es fehlt der Mut, den nächsten Schritt zu tun. Der eigentliche Schritt - das Verlassen des Partners - wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Es fallen dem Opfer auch immer neue Gründe ein, warum man noch warten sollte: auf die Einschulung des jüngsten Kindes, auf die Zahlung der nächsten Hypothek-Rate, auf die Kur, auf was auch immer. Ich kenne Opfer, die sich so noch Jahre durch eine gescheiterte Beziehung geschleppt haben.

Ein Vorurteil lautet: wenn die Frau den Mann nicht verlassen kann, dann geht es ihr noch nicht schlecht genug, dann ist sie noch nicht genug geschlagen oder erniedrigt worden. Aber so einfach ist es leider nicht. Wenn die Frau bereits als Kind häusliche Gewalt erlebt hat, so kennt sie nichts anderes, hat nie erlebt, dass sie aktiv etwas tun kann, um ihre Situation zu verbessern. Es ist eine "erlernte Hilflosigkeit", die sehr schwer zu durchbrechen ist. Viele Opfer bleiben aus reiner Gewohnheit in dieser Lebenssituation gefangen.


Spirale der Gewalt

Selbstverständlich bleibt es jedem selbst überlassen, welche Entscheidungen er bzgl. seiner Partnerschaft trifft.

Leider werden Frauen umso entscheidungsunfähiger, je mehr Gewalt im Spiel ist. Der Schritt, den Mann zu verlassen, scheint umso schwerer, je öfter man sich häusliche Gewalt hat gefallen lassen.

Ich möchte Frauen Mut machen, die eine Entscheidung getroffen haben, ihren Peiniger zu verlassen, sich jedoch mut- und ratlos fühlen.



Statistiken belegen, dass wenn ein Mann in einer Beziehung häusliche Gewalt anwendet, er dies auch weiterhin tun wird. Er wird sich nicht ändern. Es wird nur noch schlimmer werden.

Sie können sich nie so verhalten, dass es nie mehr zu häuslicher Gewalt kommen wird. Ihre Duldsamkeit, Ihre Leidensfähigkeit, Ihr Verzicht wird nie ausreichen, um dies zu verhindern.

Häusliche Gewalt ist keine Krankheit. Es gibt keine Therapie und er wird sich nicht ändern.

Ihre Liebe ist keine Liebe, sondern Abhängigkeit. Aus einer Abhängigkeit kann man sich lösen.

Sie brauchen sich an alte Versprechen nicht zu halten. Die Beziehung ist gescheitert in dem Moment, wenn er das erste mal Gewalt anwendet.

Es gibt viele Gründe, um zu bleiben, aber es reicht einer, um zu gehen: häusliche Gewalt.

Sie nehmen Ihren Kindern nicht den Vater, sondern Sie zeigen Ihren Kindern, wie man mit einer gewaltvollen Beziehung umgeht. Seien Sie ein gutes Vorbild für Ihre Kinder, damit diese später nicht noch einmal Opfer von häuslicher Gewalt werden.

Das Problem wird sich nicht von allein erledigen. Er wird nicht gegen einen Baum fahren oder plötzlich an einem Herzinfarkt sterben. Es gibt in diesem Fall keine einfachen Lösungen. Wenn Sie sich dabei ertappen, ihm insgeheim den Tod zu wünschen, so wird es höchste Zeit, zu gehen.

Der beste Zeitpunkt, Ihren Partner zu verlassen, ist JETZT. Der Schritt wird zu einem späteren Zeitpunkt nicht leichter, sondern schwieriger.



Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, tappen immer wieder in die gleichen Denkfallen.

Als Opferbetreuerin habe ich viele Geschichten von Frauen aus dem Frauenhaus gehört. Die Geschichten gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Manchmal denkt man wirklich, die Frauen wären alle mit dem gleichen Mann zusammen gewesen.



Sie sind nicht allein. Es gibt viele Frauen, die ein ähnliches Schicksal gemeistert haben. Lassen Sie sich von diesen Frauen Mut machen, diesen Weg zu gehen. Sie müssen das nicht alleine durchstehen.

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