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Dienstag, 29. April 2008

Ex - Partner

Die Stalking-Problematik bei Ex-Partnern

Quelle: pixelio.de - Ex-Partner

Fast 80% der Stalker sind Ex-Partner des Opfers. Sind oder waren die beiden verheiratet, ergibt sich durch das Stalking eine ganz besondere Problemsituation für das Opfer, da in der Regel noch - auch vom Gesetz her - wichtige Dinge zu klären sind. Durch Scheidung, Umgangs- und Sorgerecht kann der Stalker immer wieder Kontakte zum Opfer erzwingen, bzw. diese Gesetze für sein Stalking-Verhalten nutzen.

In den folgenden Texten sind wir davon ausgegangen, dass es sich bei dem Opfer um die (Ehe-)Frau (mit oder ohne Kinder) und bei dem Täter um den (Ehe-)Mann handelt. Statistisch gesehen ist dies die häufigste Konstellation.


Ex-Partner ohne Kinder

Für alle Stalkingopfer, die mit dem Stalker noch verheiratet sind gilt: Suchen Sie sich einen sehr guten Scheidungsanwalt (Anwalt für Ehe- und Familienrecht) mit guten Kenntnissen im Opferschutz! Lassen Sie sich ggf. bei der Anwaltssuche von einer Opferschutzorganisation beraten.



Der Hausrat

Folgende Konstellationen sind denkbar:

Fall 1:

Das Opfer hat den Ehemann verlassen und lebt nun bei Freunden, im Frauenhaus oder in einer eigenen Wohnung. Der gesamte Hausrat ist befindet sich noch in der gemeinsamen Wohnung. Der Ehemann belästigt die Frau mit Stalking-Verhalten.

Fall 2:

Nach dem Gewaltschutzgesetz wurde der Ehemann aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen. Das Hausverbot wurde gerichtlich verlängert und die Frau möchte sich endgültig von dem Mann trennen. Der Ehemann belästigt die Frau mit Stalking-Verhalten.



Zu Fall 1:

Verständlicherweise möchten Sie Ihre persönlichen Sachen abholen (lassen). Der Anwalt soll ein entsprechendes Schreiben schicken und einen Termin zum Abholen der Sachen festsetzen. Falls Sie diesen Termin selbst wahrnehmen möchten, so lassen Sie sich auf jeden Fall von einer Person Ihres Vertrauens begleiten - auch, damit Sie im Zweifelsfall einen Zeugen haben. Bei Gewaltandrohung können Sie sich auch von der Polizei begleiten lassen (mal nett mit der Polizei telefonieren und die Sachlage schildern).

Lässt der Stalker Sie am Termin nicht in die Wohnung und/oder sind die Schlösser ausgetauscht, so haben Sie als (Ehe-)Frau das Recht, die Wohnung zu betreten, also im Zweifelsfall auch einen Schlüsseldienst zu beauftragen. Klären Sie diesen Sachverhalt auf jeden Fall mit Ihrem Anwalt ab. Das gilt auch, wenn einzelne Zimmer oder Schränke abgeschlossen oder für Sie nicht zugänglich sind.



Zu Fall 2:

Innerhalb von 8 Tagen ist eine Verlängerung der Schutzmaßnahmen beim Gericht zu beantragen. Nutzen Sie die Zeit, um sich in der Zwischenzeit einen guten Anwalt für Familienrecht mit Kenntnissen im Opferschutz zu suchen. Reichen Sie dann die Scheidung ein.

Für beide Fälle gilt nun, ein Stalking-Tagebuch zu führen und einen Anwalt zu beauftragen, nach dem neuen Stalkinggesetz gegen das Stalking vorzugehen.


Die Scheidung

Der Stalker hat ein Interesse daran, die Scheidung so lange es nur irgendwie geht, herauszuzögern. Solange Sie beide noch miteinander verheiratet sind, bietet sich dem Stalker die Gelegenheit, verschiedene "Gründe" für die Kontaktaufnahme vorzuschieben.

Hier gilt es 1. die Scheidung so schnell wie möglich durchzuführen und 2. alle notwendigen Regelungen über einen Anwalt zu treffen. Sämtliche Regelungen, Briefe, Kontakte sollen nur noch über die Adresse des Anwalts gehen.

Es ist wichtig, dass das Gericht von dem Stalking erfährt. Der Anwalt soll in seinen Stellungnahmen das Stalkingverhalten entsprechend nennen und auch beim Scheidungstermin sollten Sie alle Verhaltensweisen, die nach der Trennung stattgefunden haben, aufzählen.

Ein kleiner Hinweis zur Aussage beim Scheidungsprozess. Sie sitzen dort, weil die Ehe zerrüttet ist. Sie sollen aussagen zu den Gründen, warum Sie sich getrennt haben. Dabei interessieren den Richter in der Regel nicht die "Schandtaten", die Sie während der Ehe geduldet haben, sondern all jene, die zur Trennung geführt haben.

Da der Stalker in der Regel einer Scheidung nicht zustimmen wird, müssen Sie glaubhaft machen, dass die Ehe wirklich zerrüttet ist. Ansonsten wird eine Ehe erst nach drei Jahren Trennung auch gegen den Willen des Partners geschieden.



Die Ehe wird geschieden, wenn sie „zerrüttet“ ist . Unter „Zerrüttung“ versteht man das Scheitern der Ehe. Die Zerrüttung ist Ehescheidungsgrund. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen.

Bedenken Sie bei allen Anwaltschreiben oder Aussagen vor Gericht, dass Ihre Aussage keinen Zweifel an der Zerrüttung der Ehe läßt.

Noch ein Hinweis zu Ihrer Aussage: Lassen Sie sich nicht dazu hinreißen, zu sagen, Ihr Ex wäre psychisch krank. Psychisch Kranke sind für Ihr Tun nicht verantwortlich und dies könnte die Scheidung behindern bzw. verzögern. Stalker zeigen zwar "krankhaftes" Verhalten, wissen aber genau, was sie tun und planen ihre Taten ganz genau.

Einen Scheidungstermin gibt es frühestens nach einem Trennungsjahr.

Zur Beschleunigung des Scheidungs-Prozedere kann es Sinn machen, den Versorgungsausgleich vom Scheidungsverfahren abzutrennen. Bei Stalking-Verhalten ist generell zu überlegen, ob nicht eine Härtefall-Scheidung beantragt wird.


Die Härtefall-Scheidung

Eine Härtefall-Scheidung kann vor Ablauf des Trennungsjahres ausgesprochen werden. Die Härtefall-Scheidung ist im Gesetz in § 1565 Abs.2 BGB geregelt.

Eine Härtefall-Scheidung muss der Anwalt beantragen und wird unter folgenden Voraussetzungen gewährt:

Bei einer Trennungszeit von weniger als einem Jahr kann die Ehe nach § 1565 Abs. 2 BGB nur geschieden werden, „wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde“.

Solche Härtegründe nach § 1565 Abs. 2 BGB liegen z.B. vor, wenn:

* der Ehegatte den anderen Ehegatten häufig schwer beleidigt oder in der Ehre verletzt
* der Ehegatte den anderen Ehegatten gravierend bedroht
* Heirat wegen der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung für die BRD
* Trunksucht oder häufige Alkoholexzesse
* der Ehegatte in der Ehe durch den anderen häufig misshandelt wurde
* Verletzung der ehelichen Treue (Abwägung von Fall zu Fall)
* keine Kenntnis von zahlreichen Vorstrafen des anderen Ehegatten
* Schwangerschaft von einem anderen Mann vor Ablauf des Trennungsjahres

Immer muss es sich aber um einen Umstand handeln, der „in der Person des anderen Ehegatten“ vorliegt. Deshalb kann z.B. nicht derjenige Ehegatte eine schnelle Ehescheidung verlangen, der selbst mit einem neuen Lebenspartner zusammenlebt.

Die ersten beiden Punkte sind bei Stalking-Verhalten eher erfüllt.


Ex-Partner mit Kindern

Das ist die schwierigste Konstellation. Auf der einen Seite belästigt der Mann die Frau mit Stalking, auf der anderen Seite gibt es noch das Sorge- und Umgangsrecht wegen der Kinder. Oft schieben Stalker das Umgangsrecht mit den Kindern nur vor, um so Kontakt zu der Ehefrau aufzunehmen oder um den Kindern Informationen zu entlocken, die er für weiteres Stalking nutzen kann.

Hier gilt es, möglichst schnell Rechtssicherheit zu bekommen. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Sorgerecht und das Umgangsrecht muss so schnell wie möglich rechtsverbindlich geregelt werden.

Weitere Informationen dazu gibt es unter Stalking und Kinder.


Das Sorgerecht

Die Eltern haben die Pflicht zur Erziehung der Kinder zu selbständigem und verantwortungsbewusstem Handeln.

Das Sorgerecht umfasst alle rechtlichen Beziehungen zwischen Elternteilen und Kindern und somit alle Rechte und Pflichten, die mit der Erziehung und Pflege des Kindes einhergehen.

Bei einer Scheidung der Eltern ist die Frage, welcher Elternteil zukünftig diese Aufgaben übernimmt. In Betracht kommt das alleinige Sorgerecht oder ein gemeinsames Sorgerecht von Vater und Mutter.


Das gemeinsame Sorgerecht

Nach dem 1998 reformierten Kindschaftsrecht gilt das gemeinsame Sorgerecht als Normalfall und ermöglicht die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge nun auch bei unehelichen Kindern.

Die elterliche Sorge wird von den Eltern im Normalfall gemeinsam ausgeübt.

Im Stalkingfall jedoch ist es für die beiden Eltern nicht mehr möglich, sich über die Belange der Kinder gemeinsam auszutauschen und entsprechend Vereinbarungen zum Wohle der Kinder zu treffen.

Beim gemeinsam ausgeübten Sorgerecht kann der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, bezüglich Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig so entscheiden, wie er es für das Kind am besten hält. Angelegenheiten von "erheblicher Bedeutung" werden jedoch von beiden Elternteilen zusammen entschieden. Solche Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Wohl des Kindes sind z.B. Entscheidungen wie Schulart, Ausbildungs- und Berufswahl, Verwaltung des Vermögens des Kindes, Aufenthaltsbestimmung, Wohnsitzwechsel.

Bei Stalking hat das gemeinsame Sorgerecht erhebliche Nachteile. So wird das Stalking-Opfer niemals ohne Erlaubnis des Vaters umziehen dürfen, um sich ggf. so dem Stalking zu entziehen. Bei Stalking ist also auf jeden Fall das alleinige Sorgerecht zu beantragen.


Das alleinige Sorgerecht

Über das alleinige Sorgerecht muss ein Familiengericht entscheiden. Das Gericht wird seine Entscheidung daran ausrichten, was für das Kindeswohl die bessere Lösung ist.

Kinder ab 14 Jahren dürfen selbst entscheiden, bei wem sie leben möchten. Jüngere Kinder werden vor Gericht zwar gehört, jedoch ist es dennoch sehr schwierig, ein alleiniges Sorgerecht zugesprochen zu bekommen, auch wenn die Kinder eindeutig für einen Elternteil aussagen.

Beim alleinigen Sorgerecht wird geklärt, ob die alleinige Sorge dem Kindeswohl besser gerecht wird als die gemeinsame Sorge. Danach wird geklärt, von welchem Elternteil die alleinige Sorge besser ausgeübt wird.

Der Stalking-Tatbestand allein heißt für das Gericht noch nicht, dass der Stalker nicht dennoch seine elterlichen Pflichten gut ausüben kann. Hier ist glaubhaft zu belegen, dass es durch das Stalkingverhalten unmöglich ist, sich über die Belange der Kinder zu einigen, da der Stalker immer gegen die Vorschläge des Opfers agieren wird, um dieses zu bestrafen. Wenn die Kinder schon unter dem Stalking-Verhalten leiden mussten bzw. dadurch Nachteile hatten, so ist das wieder ein Argument für das alleinige Sorgerecht.

Ist während des Sorgerecht-Verfahrens abzusehen, dass das alleinige Sorgerecht nicht zu bekommen ist, so sollte der Anwalt auf jeden Fall das Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein Teilbereich des Sorgerechts.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ermöglicht dem Opfer, einigermaßen frei über den Aufenthalt der Kinder (und damit ggf. einem Umzug) zu entscheiden.

Begrenzt wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht eines alleinsorgeberechtigten Ehegatten während der Zeit, in der sich das Kind beim umgangsberechtigten Ehegatten befindet. Während dieser Zeit hat nämlich der umgangsberechtigte Elternteil die Pflicht und das Recht, während des Umgangs den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen.

Dem Gericht ist zu verdeutlichen, dass eine gemeinsame Sorge für das Stalkingopfer eine unzumutbare Härte bedeutet und dem Kindeswohl entgegenwirkt.


Das Umgangsrecht

Ein Umgangsrecht (oder auch Besuchsrecht) hat ein Elternteil immer. Das bedeutet im schlimmsten Fall, auch ein Mörder, ein Vergewaltiger, ein Krimineller etc. bekommt immer ein Umgangsrecht mit seinen Kindern (solange das Kindeswohl nicht gefährdet ist). Auch gegen den Willen der Kinder.



Ein paar Infos zum Umgangsrecht:

Auseinandersetzungen oder Streit zwischen den Eltern sind kein Grund, das Umgangsrecht auszuschließen.

Der zum Umgang berechtigte Elternteil hat das Recht, von dem anderen Elternteil Auskunft zu erhalten über persönliche Umstände des Kindes, wie z.B. schulicher Werdegang (Zeugnisse, Stundenpläne), Krankheiten etc.

Derjenige Elternteil, bei dem das Kind lebt, ist zum Wohlverhalten verpflichtet, muss alles tun, um den Umgang zu fördern und für das Kind angenehm zu machen.

Lehnt das Kind den Umgang mit dem anderen Elternteil ab, so führt dies nicht zwingend zu einer Versagung des Umgangsrechts. In solchen Fällen prüft das Gericht, ob die Ablehnung des Kindes nicht nur aus Loyalität zum betreuenden Elternteil erfolgt, oder ob eine Beeinflussung besteht. Diese Beeinflussung wird dem Stalking-Opfer immer unterstellt, sobald die Kinder gegen den anderen Elternteil aussagen.

In solchen Fällen ordnet das Gericht in der Regel einen "geschützten Umgang" an.

Es gibt z.B. die Möglichkeit, den Umgang erst einmal unter Vermittlung des Jugendamtes stattfinden zu lassen, evtl. an einem "neutralen" Ort und im Beisein einer Beamtin des Jugendamtes.

Vereitelt der sorgeberechtigte Elternteil das Umgangsrecht, macht er sich u.U. wegen Kindesentziehung strafbar (§ 235 Strafgesetzbuch).



Das Umgangsrecht ist für den Stalker das Machtinstrument schlechthin. Wann immer er will, kann er dieses Umgangsrecht nutzen, um Informationen über das Opfer zu erlangen und gegen dieses zu verwenden.

Das Umgangsrecht bietet nicht nur Gefahr für das Stalkingopfer, sondern möglicherweise auch für die Kinder. Hier kommt es darauf an, um welchen Stalkingtyp es sich handelt.

Handelt es sich um rachsüchtige oder stark kontrollsüchtige Stalker, so könnte es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass er den Kindern etwas antut, um die Frau zu bestrafen.

In diesem Fall ist auf jeden Fall ein betreuter Umgang zu beantragen.

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