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Donnerstag, 5. Dezember 2013
Google Urteil 1
Identifizierende Berichterstattung zu strafrechtlichen Verfahren
LG Hamburg: Beschluss vom 10.05.2011 - 324 O 249/11 Leitsätze: 1. Identifizierende Berichterstattung zu strafrechtlichen Verfahren ist nur erlaubt in Fällen schwerer Kriminalität oder wenn der Betroffene das Ermittlungsverfahren selbst öffentlich gemacht hat oder die Straftat die Öffentlichkeit besonders berührt. Letzteres ist anzunehmen bei Tätern, die eine hervorgehobene Stellung in der Gesellschaft einnehmen. Hierzu zählen Hoheitsträger oder Personen, die öffentlich besonders bekannt sind. (Leitsatz aus Beckzeitschrift) 2. Öffentliche Bekanntheit wird nicht durch eine besonders hohe Anzahl an Treffern bei Google belegt, wenn nicht substantiiert dargelegt wird, dass sich die Treffer tatsächlich mit dem Betroffenen befassen. (Leitsatz aus Beckzeitschrift) Normenkette: ZPO § 937 II; BGB §§ 823 I, 1004 I 2 Rechtsgebiete: Gerichtsverfassung und Zivilverfahren Sonstiges Bürgerliches Recht Urheberrecht Verlagsrecht Schlagworte: einstweilige Verfügung; Ermittlungsverfahren; Staatsanwaltschaft;Berichterstattung; Wirtschaftsführungspersönlichkeit; Straftat; Unterlassungsanspruch; Namensnennung; Treffer; Google; Landgericht Hamburg Az.: 324 O 249/11 Beschluss In der Sache ... - Antragsteller - Prozessbevollmächtigte: ... gegen ... - Antragsgegner - wegen ... erlässt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 24 -durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske, den Richter am Landgericht Dr. Maatsch und die Richterin am Landgericht Dr. Wiese am 10.05.2011 folgenden Beschluss: Im Wege der einstweiligen Verfügung, der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung, wird angeordnet: 1. Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, über das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft M mit dem Aktenzeichen 324 Js 41329/10 (betreffend den Abschluss eines Beratervertrages zulasten der B für das Jahr 2009, den beabsichtigten Abschluss eines Beratervertrages zulasten der B für das Jahr 2010 sowie die Ausstellung/Freizeichnung einer Rechtsanwaltsrechnung zulasten der unter Nennung des Namens und/oder der ehemaligen Funktionen von J. bei der B. und/oder unter Veröffentlichung von Bildnissen, die Herrn J K zeigen, zu berichten. 2. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Anordnung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. 3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt. Landgericht Hamburg Az.: 324 O 249/11 IM NAMEN DES VOLKES Urteil In dem Rechtsstreit - Antragsteller- Prozessbevollmächtigte: ... gegen ... - Antragsgegner - Prozessbevollmächtigter: ... wegen Unterlassung erlässt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 24 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske, den Richter am Landgericht Dr. Link und die Richterin am Landgericht Dr. Wiese aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2011 folgendes Urteil: 1. Die einstweilige Verfügung vom 10. 5. 2011 wird bestätigt. 2. Der Antragsgegner hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen. Tatbestand Die Parteien streiten um den Bestand einer einstweiligen Verfügung mit der es dem Antragsgegner untersagt wurde, über das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft M (Az. 324 Js 41329/10) unter Nennung des Namens und/oder der ehemaligen Funktionen und/oder Veröffentlichung von Bildnissen des Antragstellers zu berichten. Der Antragsteller war im Jahr 2008 als Sanierer für die Firma B (im Folgenden: B) einer Bio-Supermarktkette - tätig. Im August 2008 übernahm er die Position des alleinigen Vorstands; im August 2009 wechselte er als Aufsichtsratsvorsitzender in den Aufsichtsrat. Der Antragsteller war als Sanierer zu B gekommen, nachdem dort infolge einer gescheiterten Zusammenarbeit mit dem Lebensmittelhandelsunternehmen L die Umsätze eingebrochen waren. Aufgrund von Differenzen zwischen dem Antragsteller und dem Arbeitnehmervertreter bezüglich zweier Beraterverträge aus den Jahren 2009 und 2010 (wobei derjenige aus dem Jahre 2010 nicht unterzeichnet wurde), Formalitäten der Einberufung und Protokollierung von Aufsichtsratssitzungen sowie Modalitäten der Einstellung eines weiteren Vorstandsmitglieds leitete der Arbeitnehmervertreter im Jahr 2010 ein registergerichtliches Amtsenthebungsverfahren unter anderem gegen den Antragsteller ein. In diesem Verfahren wurde der Antragsteller zunächst vom Amtsgericht Mi als Registergericht mit Beschluss vom 8. 3. 2011 des Amtes enthoben (Anlage ASt 3). Der Antragsteller sowie der weitere mit diesem Beschluss aus dem Vorstand Ausgeschlossene legten Berufung ein. In dem Verfahren vor dem Landgericht Mi kam es zu einer Gesamtvereinbarung zur Erledigung des Rechtsstreites. Aufgrund dieser Vereinbarung kam es zur Veröffentlichung einer Presseerklärung vom 22. 7. 2011, in der es unter anderem hieß: „Im Zuge der Beilegung der Streitigkeiten haben sich die Herren J Ki und (...) bereit erklärt, dem neu zusammengesetzten Vorstand zukünftig nicht mehr anzugehören. Der Aufsichtsrat der E AG spricht an dieser Stelle den Herren J K und (...) den ihnen für die geleisteten Dienste und das Engagement gebührenden Dank aus. Soweit in der Vergangenheit Vorwürfe im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten als Organmitgliedern der b AG erhoben wurden, werden diese von der AG nicht mehr wiederholt.“ (Anlage ASt 7). Wegen einzelner Vorwürfe, die auch Gegenstand des Amtsenthebungsverfahrens waren, nahm die Staatsanwaltschaft M unter dem Aktenzeichen 324 Js 41329/10 Ermittlungen wegen des Verdachts des Betruges (in Tateinheit mit Untreue) sowie des versuchten Betruges in zwei Fällen gegen den Antragsteller auf. In der Folge kam es zu einem Durchsuchungsbeschluss bezüglich der Geschäftsräume der B AG. In dem Durchsuchungsbeschluss wurden drei unterschiedliche Verdachtsmomente konkretisiert. So soll der Antragsteller danach Betrug in Tateinheit mit Untreue begangen haben, indem er im Jahr 2009 von der B AG aus mehreren Beraterverträgen mehrere 10.000,- Euro Honorar erhalten habe, auf die er wissentlich keinen Anspruch gehabt habe; ausreichende Beratungsleistungen seien - wie von vornherein beabsichtigt - nicht erbracht worden. Des Weiteren soll der Antragsteller danach einen versuchten Betrug begangen haben, indem er im Jahr 2010 versucht habe, derartige Beraterverträge erneut abzuschließen. Schließlich soll der Antragsteller danach einen weiteren versuchten Betrug begangen haben, indem er eine Anwaltsrechnung über 2.975 Euro für Beratungsangelegenheiten die in seinem eigenen Interesse gelegen hätten auf die B AG habe ausstellen lassen und diese im März 2010 selbst freigezeichnet habe. Über die Durchsuchung wurde im November 2010 in verschiedenen Medien berichtet (Anlage ASt 2 = Anlage B 2: Berichterstattung in der S). Der Antragsteller hat sich zu dem Ermittlungsverfahren nicht öffentlich geäußert. Das Ermittlungsverfahren dauert derzeit an. Der Antragsgegner berichtete in einem Beitrag vom 18. 3. 2011 mit der Überschrift „Früherer Sanierer muss B; verlassen“ auf der Internetseite www.b... (Anlage ASt 1) über die Vorgänge. Dabei berichtete er auch über die laufenden Ermittlungen und den Durchsuchungsbeschluss. In dem Beitrag heißt es, dass schnell klargeworden sei, dass gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden ermittelt werde. Der Antragsteller wurde dort mit vollem Namen genannt; auch wurde in dem Beitrag sein Bildnis veröffentlicht. Der Antragsteller mahnte den Antragsgegner erfolglos ab (Anlagen ASt 4 bis 6). Der Antragsgegner trägt vor, der Kläger habe nicht binnen eines Monats nach Fristsetzung zur Klagerhebung Klage erhoben, eine Klagerhebung habe sich auch durch Nachfrage seiner Kanzlei nicht feststellen lassen. Weiter trägt der Antragsgegner vor, bei Eingabe der Suchbegriffe „Betrugsverdacht“ und „J K“ in die Suchmaschine „Google“ ergäben sich 1130 Treffer (erste Seite des Suchergebnisses: Anlage B 1), die sich alle mit dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft M , das hier verfahrensgegenständlich sei, auseinandersetzten. Daher seien die Vorgeschichte, die Umstände und der volle Name des Antragstellers offenkundig und allgemein bekannt. Die Schwierigkeiten des Antragstellers mit der Justiz seien einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Der Antragsteller habe sich als schlagkräftiger Sanierer darstellen lassen, was sich, wenn man in der Suchmaschine „Google“ nach den Begriffen „Bi“ und „J K“ suche, in 9950 Treffern niederschlage (Anlage B 3). In diesem Zusammenhang zitiert der Antragsgegner umfangreiche Ausführungen bei Wikipedia zu „B“, in denen auch der Antragsteller erwähnt wird. Der Antragsteller habe sich, als er bei B angefangen habe, gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit als besonders leistungs- und durchsetzungsstarker Wirtschaftsführer dargestellt, der das Unternehmen „aus dem Tal der Tränen führen werde“. Es bestehe ein großes Publikumsinteresse daran, dass der Antragsteller als eine Wirtschaftsführungspersönlichkeit, die hohe ethische Maßstäbe für sich in Anspruch genommen habe, möglicherweise gerade bei dieser Tätigkeit Straftaten begangen haben solle; auch insoweit bezieht sich der Antragsgegner auf von ihm zitierte Berichterstattung über die Sanierung von B. Des Weiteren verweist der Antragsgegner darauf, dass der Antragsteller auch bezüglich des Amtsenthebungsverfahrens vor dem Registergericht Gegenstand breiter Kenntnisse der Öffentlichkeit sei, auch insoweit zitiert der Antragsgegner Berichterstattung. Mit der Presseerklärung von b. vom 22. 7. 2011 (Anlage ASt 7) habe der Antragsteller für positive, ihn in gutem Licht erscheinen lassende Pressemeldung unter Nennung seines Namens gesorgt, während er zugleich versuche, Pressemeldungen über schwierige Seiten desselben Lebenssachverhalts, die ihn in ungünstigem Licht erscheinen ließen, zu unterdrücken. Da über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wahrheitsgemäß berichtet worden sei und der Bericht sich auf Ermittlungen gegen den Antragsteller als prominenter Person gerichtet habe, dem Vorwürfe gerade bezüglich einer Tätigkeit gemacht worden seien, für die er hohe Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch sein eigens Auftreten in Anspruch genommen habe, verletzte das Verbot den Antragsgegner in seiner Meinungsfreiheit. In dieser Situation müsse das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zurückstehen. Weiter verweist der Antragsgegner auf höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach der Umstand, dass bereits eine Anzahl anderer Medien berichtet hätten, in der Hamburger Praxis nicht hinreichend berücksichtigt werde. Dies treffe auch auf den hier verfahrensgegenständlichen Beschluss zu. Schließlich fehle es auch an einem Verfügungsgrund, da der Antrag (was unstreitig ist) lange nach der ersten identifizierenden Veröffentlichung über den Antragsteller und das Ermittlungsverfahren durch den Antragsgegner im Spätherbst 2010 gestellt worden sei. Nachdem der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 5. 7. 2011 beantragt hatte, dem Antragsteller eine Frist zur Klagerhebung zu setzen, war diesem mit Beschluss vom 13. 7. 2011, der ihm am 15. 7. 2011 zugestellt wurde, aufgegeben, binnen eines Monats Klage zu erheben. Der Antragsgegner beantragt, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den ihr zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen; insbesondere beantragt er die Aufhebung wegen unterlassener Klagerhebung. Der Antragsteller beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen. Der Antragsteller trägt vor, er habe die Klage zum vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren unter dem Datum des 15. 8. 2011 bei Gericht eingereicht. Die vom Antragsgegner vorgetragenen Treffer bei „Google“ setzten sich nicht alle mit dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft M auseinander. Bereits unter den ersten Treffern der Suchergebnisse bei „Google“ bei Eingabe der Begriffe „Betrugsverdacht“ und „J K“ befassten sich diverse nicht mit dem Antragsteller, sondern mit dem namensgleichen Vorstandsvorsitzenden der Si AG (Anlage ASt 8). Soweit andere Medien identifizierbar über den Antragsteller berichtet hätten, verletzten diese Berichterstattungen seine Rechte ebenso wie der Beitrag des Antragsgegners - bezeichnenderweise befänden sich die vom Antragsgegner zitierten bzw. als Anlage B 2 beigefügten Artikel aus der F R und der S Z inzwischen nicht mehr online. Der Antragsgegner könne sich zur Rechtfertigung seines rechtswidrigen Tuns nicht darauf berufen, dass andere ebenso rechtswidrig gehandelt hätten. Bei Eingabe der Begriffe „B „ und „J „ hätten sich am 24. 8. 2011 nur ungefähr 4510 Treffer ergeben (Anlage ASt 9). Der Antragsteller ist der Ansicht, sein Anonymitätsinteresse habe Vorrang vor einem öffentlichen Interesse an der Identifizierung. Weder seien die Vorwürfe besonders schwerwiegend, noch rage er aus der Masse der möglichen Beschuldigten heraus. Zudem gehe es um rein betriebsinterne Auseinandersetzungen innerhalb der B AG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 26. 8. 2011 Bezug genommen. Entscheidungsgründe I. Nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung war die einstweilige Verfügung vom 10. 5. 2011 zu bestätigen. Sowohl ein Verfügungsgrund (1) als auch ein Verfügungsanspruch (2) sind gegeben. Auch war die einstweilige Verfügung nicht mangels Klagerhebung aufzuheben (3). 1) Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die erforderliche Eilbedürftigkeit (§ 937 Abs. 2 ZPO) lag bei Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung vor. Die Kammer und das Hanseatische Oberlandesgericht gehen davon aus, dass Dringlichkeit im Sinne dieser Vorschrift bei Angriffen gegen massenmedial verbreitete Äußerungen grundsätzlich jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn zwischen der Kenntnisnahme des jeweiligen Beitrags durch den Antragsteller und der Antragstellung nicht mehr als fünf Wochen liegen (vgl. etwa Urteil der Kammer vom 7. 7. 2006, 324 O 146/06, Urteil der Kammer Az. 324 0 114/10; Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 12.1. 2008 7 W 130/08). Der Antragsteller wandte sich mit Antrag vom 21. 4. 2011, der am selben Tag bei Gericht einging, gegen die streitgegenständliche Berichterstattung des Antragsgegners vom 18. 3. 2011 - mithin innerhalb der oben genannten Frist. Zwar existierte unstreitig bereits eine Berichterstattung des Antragsgegners im Netz, die aus dem Spätherbst 2010 stammte und die ebenfalls in identifizierender Weise über das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller berichtete. Der Antragsgegner hat nicht vorgetragen, dass der Antragsteller bereits vor dem 21. 4. 2011 von dieser Berichterstattung Kenntnis gehabt hätte. Die bloße Abrufbarkeit einer Berichterstattung im Internet, ohne dass der Betroffene sie kennen würde, ist nicht dringlichkeitsschädlich. 2) Auch besteht ein Verfügungsanspruch. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, denn die angegriffene Berichterstattung verletzt bei fortbestehender Wiederholungsgefahr sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Berichterstattung mit Namensnennung über strafrechtliche Ermittlungsverfahren nur unter zwei Voraussetzungen rechtmäßig. Die Voraussetzungen zulässiger Verdachtsberichterstattung müssen eingehalten sein (BGH VI ZR 51/99, Urteil vom 7. 12. 1999, Juris Abs. 20 = BGH AfP 2000, 167 - Namensnennung) und weiter ist Voraussetzung der Zulässigkeit der Namensnennung, dass das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen bei der erforderlichen Abwägung das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt. Danach kommt eine Namensnennung grundsätzlich nur in Fällen schwerer Kriminalität oder bei Straftaten in Betracht, die die Öffentlichkeit besonders berühren. (BGH VI ZR 51/99, Urteil vom 7. 12. 1999, Juris Abs. 30 mit weiteren Nachweisen = BGH AfP 2000, 167). Auch das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Namensnennung bei Berichterstattung über Strafverfahren in jüngerer Zeit klargestellt, dass die Namensnennung, Abbildung oder sonstige Identifizierung des Täters keineswegs immer zulässig ist und dies insbesondere in Fällen der kleinen Kriminalität nicht der Fall sein wird. Ein an sich geringeres Interesse der Öffentlichkeit über leichte Verfehlungen kann danach im Einzelfall indes durch Besonderheiten etwa in der Person des Täters oder des Tathergangs aufgewogen werden. Handelt es sich im Übrigen um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen streitende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch wird insoweit oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen. Eine individualisierende Bildberichterstattung über den Angeklagten eines Strafverfahrens kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn sich der Betreffende nicht beziehungsweise nicht mehr mit Gewicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann, etwa wenn der betreffende Verfahrensbeteiligte kraft seines Amtes oder wegen seiner gesellschaftlich hervorgehobenen Verantwortung beziehungsweise Prominenz auch sonst in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht hierauf hinzunehmen hat (vgl. Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10. 6. 2009, Az. 1 BvR 1107/09, Juris Abs. 20 mit weiteren Nachweisen). Gemessen an diesen Grundsätzen, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellt wurden, führt die Abwägung im vorliegenden Fall dazu, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers das Berichterstattungsinteresse des Antragsgegners überwiegt. Weder geht es vorliegend um einen Fall schwerer Kriminalität (a), noch geht es um eine Straftat, die die Öffentlichkeit besonders berührt (b). Auch kann nicht zugrunde gelegt werden, dass der Antragsteller sich hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens selbst in die Öffentlichkeit begeben hätte, was für eine Zulässigkeit der Berichterstattung gesprochen hätte a) Die Vorwürfe, wegen denen die Staatanwaltschaft Mi unter dem Aktenzeichen 324 Js 41329/10 gegen den Antragsteller ermittelt, beziehen sich auf den Verdacht des Betruges in Tateinheit mit Untreue durch Erhalt von mehrere 10.000,- Euro Honorar im Jahr 2009 von der B AG aus mehreren Beraterverträgen ohne Anspruch mangels ausreichender Beratungsleistungen, sowie wegen des Verdachts auf versuchten Betrug, indem der Antragsteller im Jahr 2010 versucht habe, derartige Beraterverträge erneut abzuschließen, und auf den Verdacht versuchten Betruges im März 2010 durch Ausstellen und Freizeichnen einer Anwaltsrechnung über 2.975 Euro für Beratungsangelegenheiten, die in seinem eigenen Interesse gelegen hätten. Angesichts der in Rede stehenden Delikte und angesichts der Größenordnung des mutmaßlichen (bzw. mutmaßlich drohenden) Schadens besteht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens lediglich der Verdacht einer Straftat, die der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein dürfte. Zwar dürfte ein Schaden von mehreren 10.000,- Euro und Versuch einer vergleichbaren weiteren Tat sowie einer weiteren Versuchstat im finanziellen Rahmen von knapp 3.000,- Euro eine finanzielle Größenordnung begründen, die nicht mehr der Kleinkriminalität zuzurechnen ist. Gleichermaßen kann angesichts der mutmaßlich entstandenen und mutmaßlich drohenden Gesamtschäden indes nicht von einem Verdacht auf Vorliegen schwerer Kriminalität ausgegangen werden, bei der eine identifizierende Berichterstattung zulässig gewesen wäre. b) Auch Umstände, aufgrund derer die mutmaßlichen Straftaten die Öffentlichkeit besonders berühren würden, sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller ist kein Hoheitsträger bzw. Amtsträger, dem eine besondere staatliche Position übertragen worden wäre, so dass er aufgrund hoheitlicher Stellung ein besonderes öffentliches Vertrauen genösse, dessen mutmaßlicher Missbrauch eine identifizierende Berichterstattung über den Verdacht bereits im Stadium des Ermittlungsverfahrens rechtfertigen würde. Bei der Firma B AG, für die der Antragsteller tätig war, handelt es sich vielmehr um eine private Firma, die auch keine öffentlichen oder hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt. Der Verdacht, dass der Antragsteller mehrere 10.000,- Euro vereinnahmt habe, ohne ausreichende Beratungsleistungen hierfür erbracht zu haben, betrifft die finanzielle Lage der B AG und nicht die Allgemeinheit. Mithin handelt es sich insoweit nicht um eine Straftat, die die Öffentlichkeit besonders berühren würde. Der Antragsteller hat auch keine derart hervorgehobene gesellschaftliche Stellung bzw. ist nicht von derartiger öffentlicher Bekanntheit, als dass aufgrund seiner Person über das laufende Ermittlungsverfahren in identifizierender Weise berichtet werden dürfte. Soweit sich der Antragsgegner auf die Trefferlisten bei Google beruft, ist vom Antragsteller substantiiert bestritten worden, dass sich sämtliche Treffer mit seiner Person auseinandersetzen. Die Antragsgegnerin hat insoweit nicht glaubhaft gemacht, dass sich sämtliche Treffer tatsächlich mit dem Antragsteller auseinandersetzen. Unstreitig gab es indes Treffer bei „Goolge“, die sich mit dem Ermittlungsverfahren des Antragstellers auseinandersetzen. Dies führt jedoch nicht zu einer Bedeutung der Person des Antragstellers, die eine identifizierende Berichterstattung rechtfertigen würde. Insoweit ist der Antragsteller auch nach dem Vortrag des Antragsgegners in erster Linie als Sanierer der Bio-Supermarktkette „B“ öffentlich in Erscheinung getreten. Bereits die Bio-Supermarktkette „B“ als solche ist nicht von derartiger öffentlicher Bekanntheit, als dass eine Sanierungs-, Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeit bei diesem Unternehmen dazu führen würden, dass der Betreffende dauerhaft in der Öffentlichkeit stehen würde. Auch wenn es sich bei Bio-Supermärkten um einen aufstrebenden Geschäftsbereich handeln mag, ist doch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass es sich bei der Bi AG um einen Großkonzern von einer Bedeutung und Größe handeln würde, als dass seiner Sanierung eine bundesweite gesamtgesellschaftliche Bedeutung zukäme, aufgrund derer die hierbei Handelnden nachhaltig und dauerhaft in das öffentliche Bewusstsein gerückt würden. Dass der Antragsteller außerhalb der Sanierung der B AG nennenswert öffentlich in Erscheinung getreten wäre, ist nicht vorgetragen oder ersichtlich. Die bloß punktuelle mediale Öffentlichkeit im Hinblick auf die Sanierung eines Unternehmens begründet keine Stellung, aufgrund derer in der Folge eine identifizierende Berichterstattung über Vorwürfe aus dem Bereich der mittleren Kriminalität auch im Zusammenhang mit diesem Unternehmen berechtigt wäre. Die Fälle, bei denen in der Rechtsprechung die Zulässigkeit einer Namensnennung wegen herausgehobener Position bejaht wurde, sind nicht dem vorliegenden Fall vergleichbar. Dabei handelt es sich um Fälle von Straftaten von Personen in besonders herausgehobener Funktion, wie Mitgliedern der Bundes- oder einer Landesregierung, besonders prominente Personen oder Personen, die sich mit der Straftat in besonderen Widerspruch zu vorher selbst geschaffener Vorbildfunktion in der Öffentlichkeit brachten (vgl. zu diesen Fällen Soehring Presserecht 4. Aufl., §19 Rn 25b mit zahlreichen weiteren Nachweisen, vgl. insoweit etwa KG AfP 2004, 559; BGH AfP 2006 62; BVerfG AfP 2006, 354). So liegt es hier nicht. Der Vortrag der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe als Wirtschaftsführungspersönlichkeit hohe ethische Maßstäbe für sich in Anspruch genommen, so dass es von nachvollziehbarem Publikumsinteresse sei, wenn er gerade bei dieser Tätigkeit Straftaten begangen habe, ist eher pauschal und allgemein gehalten. Zudem begründet er nicht einen konkreten Widerspruch zu einer vom Kläger selbst initiierten Vorbildfunktion. Auch der erstinstanzliche und inzwischen durch Vergleich überholte Beschluss des Amtsgerichts M vom 8. 3. 2011 im Amtsenthebungsverfahren begründet keinen Anlass, aufgrund dessen über das laufende Ermittlungsverfahren in identifizierbarer Weise hätte berichtet werden dürfen. Über das Amtsenthebungsverfahren konnte berichtet werden, ohne insoweit auf ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller hinzuweisen. Zwar ging es in dem Amtsenthebungsverfahren im Wesentlichen um die gleichen Sachverhaltskomplexe. Indes wurden in dem Beschluss des Amtsgerichts gerade nicht die strafrechtlich relevanten Fragen inzident mit geprüft und beantwortet (vgl. ASt 3). Der strafrechtliche Vorwurf ist vielmehr von der Frage der Amtsenthebung losgelöst. Der Prüfungsmaßstab ist gerade nicht identisch. Eine Amtsenthebung vermag an der weiter bestehenden Unschuldsvermutung bis zur Verurteilung nichts zu ändern. c) Auch kann keine Öffnung des Antragstellers gegenüber den Medien bzw. der Öffentlichkeit im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt werden. Eine solche trägt auch der Antragsgegner nicht vor. Die Äußerungen des Antragstellers gegenüber Medien im Zuge der Sanierung der B AG und die Presseerklärung anlässlich des Vergleichs im registergerichtlichen Verfahren (Anlage ASt 7) begründen keine Selbstöffnung des Antragstellers gegenüber den Medien im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren, die sich der Antragsteller entgegenhalten lassen müsste. Schließlich vermag die Antragsgegnerin nichts für sich daraus herleiten, dass sich über die Suchmaschine „Goolge“ Treffer finden lassen, die sich ebenfalls mit dem Ermittlungsverfahren gegen den Kläger auseinandersetzen. Hierbei handelt es sich zwar um ein Abwägungskriterium. Im vorliegenden Fall vermag es indes nicht zur Zulässigkeit der Berichterstattung zu führen. Grundsätzlich vermag sich der Antragsgegner nicht darauf zu berufen, dass Dritte in gleicher Weise das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers verletzen. Dass es sich hierbei um eine derartige Menge von Berichterstattungen handeln würde, dass ausnahmsweise in Betracht kommen könnte, dass dem Beitrag des Antragsgegners trotz seiner Rechtswidrigkeit im Rahmen der Abwägung keine relevante Bedeutung mehr zukäme, kann hier nicht zugrunde gelegt werden, zumal der Umfang der Treffer bei „Google“ bestritten wurde, ohne dass der Antragsgegner substantiiert entsprechende Berichterstattungen vorgetragen hätte. Auch dass der Antragsteller bewusst dauerhaft zahlreiche entsprechende Berichterstattungen Dritter toleriert hätte ist nicht ersichtlich - insoweit hat der Antragsgegner bereits nicht vorgetragen, dass der Antragsteller entsprechende Berichte gekannt hätte. d) Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die Erstbegehung indiziert, es wurde keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, die einstweilige Verfügung der Kammer wurde nicht als endgültige Regelung anerkannt und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten. 3) Schließlich war die einstweilige Verfügung auch nicht wegen fehlender Klagerhebung trotz Fristsetzung aufzuheben. Zwar dürfte die Geltendmachung fehlender Klagerhebung trotz Fristsetzung (§ 926 Abs. 2 ZPO) auch im Widerspruchsverfahren möglich sein (vgl. insoweit Zöller-Vollkommer ZPO Kommentar 28. Aufl. 2010 § 924 Rn 1, 2). Soweit der Antragsgegner geltend macht, dass der Antragsteller trotz Fristsetzung keine Klage erhoben habe, so dass die einstweilige Verfügung aus diesem Grund aufzuheben sei, handelt es sich um eine ihm günstige Tatsache, für die er nach allgemeinen Darlegungs- und Glaubhaftmachungsgrundsätzen glaubhaftmachungsbelastet ist. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Antragstellerbinnen der ihm gesetzten Frist am 15. 8. 2011 Klage bei Gericht eingereicht hat. Der Antragsgegner hat nicht glaubhaft gemacht, dass dies nicht der Fall ist. II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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